Wohl zum selben Bau wie Inv. 3813 gehörig. Ersatzkapitell eines Baus, der unter Antoninus Pius im 2. Viertel des 2. Jhs. n. Chr. errichtet wurde (Hypothetische Säulenhöhe: 4 m), welcher unter Septimius Severus (möglicherweise schon zur Zeit des Commodus) renoviert wurde. Da das Gebälk intakt war, musste man, um die Auswechslung der Kapitelle durchführen zu können, Kapitelle von etwas kleineren Massen herstellen. Das rekonstruierte Kapitell wurde zwischen die Säule und das Gebälk hineingeschoben und mit Mörtel befestigt.
Die Proportionierung der Stücke bewirkt ihre optische Gedrungenheite. Diese wird durch eine stark konische Form des Kalathos gemildert, dessen Profil zuerst in leichter Neigung nach aussen hochsteigt und erst kurz unterhalb der Lippe im kurzen, gleichmässigen Bogen bis zur Lippenkante schwingt.
Andere Gestaltung des Akanthus im Vergleich zu Inv. 3813 (Aufbau der Kranz- und Hochblätter ist identisch): Das Blattwerk ist seitlich des flachen Mittelstegs (Auf einer Seite des Kapitells markiert seine Mitte eine Rille, die übrigen bleiben ungegliedert) entwachsen jeweils zwei Blattlappen: der untere mit vier, das obere mit fünf Zacken. Der fünfte, senkrecht stehende Blattlappen überfällt plastisch den Mittelsteg. Beim unteren Blattlappen fassen die zwei äusseren Zacken die zwei inneren, die leicht tiefer sitzen, zusammen. Die einzelnen Zacken der oberen Blattlappen entwickeln sich aus einem Tal, das zuerst senkrecht verläuft, sich auf der Höhe der ersten Bucht dann verbreitert und nach aussen neigt. Die Kanten der Furche sind in die aussenliegenden Blattzähne umgewandelt, den Raum zwischen ihnen füllen drei weitere Zacken aus. Die Blattzähne sind spitzig und lang. Dieses Erscheinungsbild wird durch Ritzungen, die weit ins Innere der Blattlappen reichen, erreicht. Da sich die Blattzähne überschneiden, entstehen zwischen den benachbarten Blattlappen zwei Buchten, die mandelförmig, fast dreieckig sind. Der Blattstengel ist durch vier tiefe, scharfkantige Furchen gegliedert. Bei den Kranzblättern sind die inneren nicht bis zum Blattfuss ausgeführt, sondern enden auf der Höhe der untersten Bucht. Tiefer laufen in ihrer Fluchtrichtung die äusseren Furchen, die ebenfalls auslaufen.
Unterschiede bei Voluten und Helices zu Inv. 3813: Bei Inv. 3812 sind die Canalis dreieckig, wobei den Kanten entlang ein flacher Steg belassen ist. Die Voluten liegen dicht an den äusseren Blättern der Hüllkelche, die Helices dagegen steigen empor und berühren das innere Blatt erst an seinem Ende.
Es fehlen jegliche Befestigungsspuren im Vergleich zu Inv. 3813.
Frühseverische Rekonstruktion eines frühantoninischen Kapitells.
Nach: M. Palaczyk, Zwei korinthische Normalkapitelle, ASUZ 15, 1989, 15–21.
Zur Datierung und Kontextualisierung in der Literatur: M. Palaczyk, Zwei korinthische Normalkapitelle, ASUZ 15, 1989, 15–21.
Material: Lunensischer Marmor (sowohl aufgrund von Isotopenwerte, Korngrösse und Kathodomikrofazies). s. Decrouez – Ramseyer – Schmid 2000.
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