Bauchamphora mit Anschirrungsszene des Exekias, schwarzfigurig, attisch

Ca. 530 v. Chr.

Antikes Original

Standort
Ausgestellt Rämistrasse 73 (RAK), Zürich, Ausstellung EG, Museum 1
Inventarnummer
7613
Kulturkreis
Attisch
Fundort
Orvieto, unsicher
Objektgattung
Gefäss
Material
Ton, gebrannt
Herstellungstechnik
Keramik: Scheibengedreht, Schwarzfigurige Technik
Masse
H erg. / H. erh: 60.2 / 50.1 cm B an Henkeln: 38,5 cm Dm Fuss rek. / Dm Bauch / Dm Rand rek: 21,3 / 39,95 / 25,8 cm Gewicht (restauriert): 8,3 Kg Volumen (restauriert): 35 l

Beschreibung
Bauchamphora Typus B: mit einem durchlaufenden, s-förmigen Profil, einem Echinus-förmigen Fuss und Rundstabhenkeln. Rekonstruierter Fussansatz liegt zu tief unter dem Strahlenkranz. Der restaurierte Rand scheint auch etwas zu hoch geraten zu sein. Die Oberkanten der Bildfelder korrespondieren mit den oberen Henkelansätzen. Leichte Asymmetrie im Gefässprofil. Drei erhaltene einfache rote Streifen gliedern den Hals: oberhalb der Bildfelder, auf halber Höhe der oberen Henkelansätze und wenig über den Henkeln. Doppelte rote Streifen schliessen unten die Bildfelder und oben den Strahlenkranz ab. Dieser setzt sich aus 44 sorgfältig ausgeführten Strahlen zusammen und wird unten von einem dünnen Strich in braunem Firnis / Glanzton abgeschlossen. Die Bildfelder sind fein mit Miltos überzogen. Gerahmt vom schwarzen Firnis / Glanzton, werden sie seitlich durch rote senkrechte Striche enger gefasst. Die Horizontallinien, nämlich die Standlinie und die feinen Begrenzungslinien des Ornamentfrieses sind in verdünntem braunem Firnis / Glanzton ausgeführt. Der Ornamentfries besteht jeweils aus einer gegenständigen Lotosblüten-Palmetten-Kette mit getrennt gemalten Blättern der Palmetten. Die Kette auf der Seite A bestand aus 16 Palmetten und 17 Lotosblüten (je 13 erhalten), die letzte Lotosblüte links liegt fast vollständig ausserhalb der Bildfeldes. Die Kette auf Seite B wies 15 Palmetten und 16 Lotosblüten auf (12 bzw. 13 erhalten). Rot sind die Palmettenkerne sowie die Basis und das mittlere Kronblatt der Lotosblüte, zudem wurde der rote Fleck der Palmettenkerne und der Blütenbasis mit einem weissen Punkt akzentuiert. Seite A: Anschirrung dreier Pferde an ein Viergespann, im Scheitern begriffen. Im Vordergrund rechts steigt das schwarze Beipferd mit schwarzer Mähne und rotem Schweif hoch auf. Es reisst über sein rotes Brustband und die voll durchgespannte Zugleine den Wagen nach vorne und wird dabei lediglich durch Kopf und Hals des rechten Deichselpferds etwas abgebremst, eines Rappen, der seine Ganasche über den Widerrist des steigenden Beipferds gehakt hat, die Vorderhände in Galopphaltung angehoben. Am Kopf des Deichselpferdes lassen sich die einzigen Vorritzlinien auf der ganzen Vase beobachten. Das linke Deichselpferd ist weiss mit rotem Schweif und roter geflammter Mähne dargestellt - eher ein Falbe denn ein Schimmel: sein gespannter Hinterkörper setzt zum Sprung an, die in Resten vorhandenen weissen Vorderhände beginnen in Galopphaltung zu steigen. Die Augen und die Zunge im offenen Maul sind rot gezeichnet. Rechts unter dem Trensen-Knebel befindet sich ein weiterer roter Strich – Blut? Auf der Kruppe des Falben befindet sich der Rest einer in das abgeschabte Deckweiss geritzten Besitzermarke. Sieben Männer kümmern sich um die Anschirrung. Der Wagenlenker, in einen weissen, mit roten Brustbändern und einem roten Gurt festgebundenen Chiton gekleidet, stemmt sich mit aller Kraft gegen die Zugkraft der durchgehenden Pferde, indem er sich mit dem linken Bein gegen den Wagenkasten und mit dem rechten Fussballen gegen den Boden stemmt, um die Zügel fest anziehen zu können. Der Streitwagen mit der hohen Front-Reling, dem schwarz-rot gestreiften Wagenkasten und dem Rad mit riemengebundenen Speichen, Felge und Reifen sowie das Geschirr mit den geknoteten Leinen, den aufgebogenen Enden von Deichsel und Joch und dem rot und schwarz gehaltenen Jochpolster werden ausführlich geschildert. Hinter dem Wagen eilt ein nackter Mann mit einem schwarz-rot gestreiften, bortenbesetzten Mantel, den er über die linke Schulter geworfen hat und mit der linken Hand festhält (Aufseher über die Anschirrung), im Laufschritt seinen Pferdeknechten zu Hilfe. Fünf weitere nackte Pferdeknechte in verschiedenen Körperhaltungen. Seite B: Aufbruch eines Kriegers, das vierte Pferd wird zur Anschirrung bereitgehalten. Der Hengst in der Mitte ist mit schwarzem Fell, schwarz-rot gestrichelter Mähne und rotem Schweif dargestellt. Er steht ruhig in leichter Schrittstellung da. Der nackte Mann mit rotem Bart und rotem Fransenhaar hinter ihm führt ihn am Strick. Ebenfalls nach rechts aus dem Bildfeld blicken die zwei Figuren am rechten Bildfeldrand und verbinden damit die Darstellung der Seite B vollends mit jener der Seite A: im Vordergrund ein jüngerer Mann mit halblangen Haaren in Chiton und einem schwarz-roten Mantel mit weiss aufgehöhten Punktrosetten, hinter ihn gestaffelt eine Frau im bortenbesetzten rot-schwarzen Peplos mit einem roten Überfall über der Brust. Sie hält ihre Arme offen nach vorne. Aufgrund der Armhaltung fällt die schwarze Überfallinnenseite des rechts offenen Peplos diesseits der Schliesse nach vorne über den rechten Arm. Drei weitere Nebenfiguren blicken ebenfalls auf die Anschirrung: der kleine Knabe; der Bärtige links des Pferdes, reich in Chiton und einen rot-schwarzen Mantel mit 7 weissen Punktrosetten gehüllt; ein jüngerer Mann in Chiton und farbigem Mantel mit dem roten Haarband ganz links am Bildrand. Die drei wichtigsten Figuren werden durch ihre besondere Körpergrösse hervorgehoben, die unter den dreien auch noch abgestuft wird: Die grösste und damit die Hauptfigur ist der Krieger links – sein Helmbusch greift weit in den Ornamentfries aus –, danach folgt die Frau hinter und schliesslich der Mann rechts des Pferdes. Alle drei blicken nach links. Der Mann rechts wird durch seine geknoteten langen Haare, seine würdige Gestalt und die reiche Kleidung mit Chiton und rot-schwarzem Mantel mit 10 weissen Punktrosetten besonders gekennzeichnet. Auch der Krieger trägt unter seinem korinthischen Helm längeres Haar. Der Helm ist mit einer roten Punktreihe und einem hohen Helmbusch geschmückt. Seine Unterschenkel schützen Beinschienen, die aussen flächig rot und an der Innenseite entlang der Anatomie von Knie und Wadenmuskel mit roten Linien verziert sind. Der Schild trägt ein weiss aufgehöhtes Schildzeichen in Form von vier sorgfältig geritzten Delphinen, deren Schnauzen sich im Mittelpunkt des mit dem Zirkel gezogenen Schilds treffen. Der Schildrand ist mit roten Punkten verziert. Der Blick des Kriegers führt nach links aus dem Bildfeld hinaus. Die Frau hinter dem Pferd trägt im langen, fallenden Haar mit den gerade noch erkennbaren gewellten Fransen einen roten Kranz und ist mit einem borten- und Punktrosetten-verzierten Chiton und darüber einem bortenbesetzten, rot-schwarzen Peplos bekleidet; er wird auf der linken Schulter mit einer Gewandnadel mit grosser Endscheibe zusammengehalten. Ihr nackter linker Oberarm war weiss aufgehöht, und der in der Beuge gerade noch erhaltene Ansatz des Unterarms zeigt, dass sie diesen nach vorne streckte. Ein Rest von Glanzton links der Frau, oberhalb der Fehlstelle, zeigt, dass sie einen Gegenstand auf oder mit dem nicht erhaltenen rechten Arm getragen hat (Kette? Kind?). Die Seiten A und B sind Teil ein und derselben Szene, nämlich einer scheiternden Anschirrung eines Viergespanns. Die Anwesenheit des Hopliten zeigt an, dass es sich dabei um einen Kriegswagen handelt, der im 6. Jh. v. Chr. im zeitgenössischen Kriegswesens schon längst keine Rolle mehr spielte. Folglich handelt es sich hier zweifelsohne um eine mythologische Szene. In Frage kommen in erster Linie der Abschied Hektors von Andromache und Astyanax (vgl. Hom. Il. 6, 390–503) oder – wahrscheinlicher – der Aufbruch des Amphiaraos aus Argos in den Krieg gegen Theben. Zusammenfassung nach: M. Bürge, in: C. Reusser – M. Bürge (Hrsg.), "Exekias hat mich gemalt und getöpfert". Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2018) 88–91. 254–271 Nr. 14 Abb. 33–46. 179–195. Zur Kontextualisierung in der Literatur: C. Reusser – M. Bürge (Hrsg.), "Exekias hat mich gemalt und getöpfert". Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2018). Zur Provenienz: C. Reusser, in: C. Reusser – M. Bürge (Hrsg.), "Exekias hat mich gemalt und getöpfert". Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2018) 88–92 und M. Bürge, in: C. Reusser – M. Bürge (Hrsg.), "Exekias hat mich gemalt und getöpfert". Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2018) 254 Anm. 1.
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Erhaltungszustand
Zusammengesetzt aus zahlreichen Fragmenten; Fuss und Mündung vollständig ergänzt. Grössere Fehlstellen auf Seite A: links, Mitte oben, im Bereich der Pferde und rechts; auf Seite B: links, über der Kruppe und im Bereich der Vorderhände des Pferdes sowie am rechten Bildrand. An einigen Stellen kleinere sekundäre, auf Seite B über dem Pferd ein tiefgehender Kratzer, allenthalben moderne Kratzspuren einer Raspel; Zusatzfarben teilweise abgerieben, wobei Weiss schlechter erhalten als Rot. Offenbar noch im 19. Jh. war die Vase zusammengesetzt und mit nicht zugehörigen Mündungsfragmenten von vier verschiedenen Bauchamphoren und einem Fuss aus den Fragmenten eines Kolonetten-krater-Fusses ergänzt und stark übermalt worden. 1991/1992 Restaurierung im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg von Anton Buhl unter der Leitung von Erika Simon nach dem Vorbild der Amphora Inv. 7612: Zerlegung, Entfernung der nicht zugehörigen Teile, Zugehörigen Scherben zusammengesetzt und die fehlende Teile sichtbar und reversibel ergänzt. 2015 verlieh Rolf Fritschi, Restaurator der Archäologischen Sammlung der Universität Zürich, dem matten Schwarz der Ergänzungen einen seidenmatten Glanz.
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Restaurierung / Analysen
1991/1992 als Leihgabe im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg ausgestellt, was Anlass zu einer grundlegenden Ent- und Neurestaurierung durch Anton Buhl war. Diese ergab, dass ebenfalls grosse Teile – erstaunlicherweise auch des antiken Bestandes – im 19. Jh. übermalt worden waren, unterschiedliche Klebemittel Verwendung gefunden hatten und für die Ergänzungen der Mündung und des Fusses Teile anderer attischer Vasen angesetzt worden waren: für die Mündung Randfragmente von vier Amphoren des Typs A und B und für den Fuss die proportional zu kleinen Fragmente des Fusses eines Kolonnettenkraters; dieser war im Innern mit einem verzinkten Draht und Klammern am Gefässkörper befestigt. 2015 wurde auf Wunsch der Besitzer durch den Restaurator Rolf Fritschi, Archäologische Sammlung der Universität Zürich, eine Vereinheitlichung der Oberflächenbehandlung sowohl von Inv. 7612 und Inv. 7613 vorgenommen, die sich auf die modern übermalten Partien beschränkte.
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Bibliographie
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Ausstellungen
Dauerausstellung, Archäologische Sammlung der Universität Zürich, Zürich, 24.05.2022 - 31.12.2024
Dauerausstellung, Archäologische Sammlung der Universtät Zürich, Zürich (RAK-E-9), 10.07.2019 - 25.10.2020
"Exekias hat mich gemalt und getöpfert", Archäologische Sammlung der Universität Zürich, Zürich, 08.11.2018 - 31.03.2019
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