Sargdeckel: Gesicht eines Mannes mit Backenbart. Auf dem Scheitel der Perücke roter Skarabäus mit Sonnenscheibe. Halskragen mit Blüten- und Blättergirlanden sowie Perlenschnüren; Verschlüsse auf den Schultern in Form von Falkenköpfen mit Sonnenscheiben. Figurenregister: Himmelsgöttin Nut, Aufbahrungsszene, Schutzgottheiten, Inschrift. Schakale am Fussteil. Mumiengestaltige Schutzgötter auf Seite.
Sargwanne: Kobras mit Atefkrone.
Kartonagen: Ba-Vogel mit Menschenkopf. Halskragen mit Falkenkopfverschlüssen. Geflügelte Himmelsgöttin mit Udjat-Augen in den Händen, daneben Mumien. Götter mit Straussenfedern und Messern, Schlaufenamulette, Aufbahrung.
Fusshülle: Mit Riemensandalen bekleidete Füsse.
Leichnam: Individuum 30 bis 40 Jahre alt.
Anthropomorpher Sarg, die Füsse ruhen auf einem Sockel, was ihm das Aussehen einer Statue verleiht. Der Sarg besteht aus einer flachen Wanne und einem hochgewölbten, polychrom bemalten Deckel.
Sargdeckel: Das Gesicht, von der schwarzen Perücke umrahmt, ist das zeitlose Idealbildnis des Individuums. Unterhalb der beiden Haarflechten ist ein voluminöser Halskragen mit Girlanden aus floralen Elementen aufgemalt. Zwischen Blumenkragen und Fussansatz befinden sich vier Bildregister, in das unterste Register sind zwei vertikale Textzeilen eingelassen. Alle Register werden durch blau-rot gewürfelte Farbleitern gegeneinander abgesetzt. Auf den Füssen ist die liegende Doppelgestalt des schakalköpfigen Anubis so angebracht, dass der Tote darauf herabblicken kann. An den schmalen, schwarz gestrichenen Seitenwänden der Wanne richtet sich eine rot gesprenkelte Kobra auf, ihr Kopf trägt die Krone des Totengottes Osiris. Das Innere von Deckel und Wanne beliess man unbemalt, ebenso die Rückseite der letzteren. Unterseite des Sockels zeigt eine singuläre Szene.
Das Gesicht des Sarges ist kantig in das Holz hineingeschnitzt, die grossen Ohrmuscheln heben sich plastisch von der Perücke ab. Vom Kinn bis zu den Jochbeinen verläuft ein Backenbart. Gelbe Hautfarbe (Nachahmung von einer Vergoldung).
Der Kopf wird von einer wuchtigen schwarzen Perücke umfasst: Ihre beiden Haarflechten, die an den Enden durch ein weiss-rotes Band zusammengehalten werden, fallen über die Schultern auf einen überdimensionierten Halskragen. Zwischen den Haarschöpfen füllt ein «Chemisette» genanntes florales Dekorationselement den Zwischenraum bis zum Halskragen.
Auf dem abgeflachten, schwarzen Scheitel ist ein roter Skarabäus in Umrissen abgebildet. Mit seinen Hinterbeinen hält er eine Sonnenscheibe umklammert; vor sich, auf der Stirn der Perücke, hebt er sie mit den Vorderbeinen empor.
Das breite Halskragen, Usech-Kragen genannt. Die einzelne floralen Elemente des Halskragens sind nur noch schwer als solche zu erkennen, bis auf die weissen Rosetten mit dem roten Blütenstand. Darunter befindet sich jeweils eine Girlande von Blättern, in der Abschlussreihe tropfenförmige Perlen.
Die Girlanden bestehen aus weissen Rosetten mit rotem Blütenstand (aus der Familie der Korbblütler, vorzugsweise Kamille), lanzettförmigen Blättern (Ölbaumblätter? Weidenblätter?), glockenförmigen Blumen (abstrahiert gemalte Lotosblüten). Die letzte Girlande besteht aus alternierend angeordneten schwarzen und roten Tropfenperlen. An prominenter Stelle auf den Schultern befinden sich die aufgemalten Verschlüsse von zwei mit einer Sonnenscheibe bekrönten Falkenköpfen.
1. Register: Kopf und Körper der Himmelsgöttin Nut sind dem vertikalen Riss, der durch den ganzen Deckel verläuft, zum Opfer gefallen. Nur das über die Knie gezogene karierte Kleid ist noch zu erkennen. Die Hände der gelb bemalten Flügelarme halten die Straussenfeder, Emblem der Göttin Maat. Oberhalb der Arme, eingerahmt von einem Horus- oder Udjat-Auge, befinden sich vertikale Spalten zum Eintragen von Namen, Genealogie, Titel oder Beruf des Sargbesitzers. Die Angaben fehlen.
2. Register: Die Bahrenszene
Die Protagonisten dieses und aller folgenden Register sind als anonyme, hockende Schutzwesen zu erkennen, welche die in ein rotes Tuch gewickelte Mumie auf der Löwenbahre bewachen. Sie sind mit stilisierten messern bewaffnet.
3. und 4. Register: Schutzgottheiten und Inschrift
Die zweispaltige, flüchtig aufgepinselte hieroglyphische Inschrift des 4. Registers wird von schützenden Wesen umgeben. Nur noch die linke Kolumne blieb erhalten, sie ist ohne Paralleltext nicht zu entziffern. Die rechte Kolumne ist infolge des Risses im Sargdeckel unlesbar. Unter Zuhilfenahme des Berner Sarges und der Sockelinschrift des ptolemäischen Sarges des Nes-Schu im Musée d’Yverdon et région lässt sich die Inschrift rekonstruieren. Sie ist retrograd angeordnet, d.h., obwohl die Zeichen vom Betrachter aus von rechts nach links geschrieben sind, beginnt der Text mit der linken Vertikalspalte. «Worte zu sprechen von Osiris-Chontamenti, dem grossen Gott, Herrn an der Spitze von Abydos [… und von Ptah-So]k[ar-Osiris, dem grossen Gott…]. Rechts und links der Inschrift befinden sich zwei gemalte Papyrusamulette.
Fussteil und seitliche Schutzgötter: Die dem Gesicht des Verstorbenen zugewandte Darstellung auf der Oberseite des Fussteils zeigt zwei auf einem gemeinsamen Schrein einander gegenüberliegende Schakale, geschmückt mit einer roten Halsschlaufe. Entlang der Ränder des Sargdeckels haben sich rechts sieben und links sechs mumiengestaltige Schutzgötter eingefunden. Die Leuchtkraft der Farben ist hier erhalten geblieben.
Sockel: Den vom Fussteil durch eine Rille abgetrennten Sockel schmückt ein Nischenmuster (Palastfassade). Das Motiv des Sockelbodens zeigt die Verwandlung des Sonnengottes am Tageshimmel: In der Mitte Chepri (die Morgensonne), links als falkenköpfiger Gott Re-Harachte (die Tagessonne) und rechts als Gott mit Menschenkopf Atum (die Abendsonne).
Sargwanne: Die schwarz gestrichene Sargwanne versinnbildlicht die Unterwelt, den unsichtbaren Teil des Weltganzen, den die Sonne bei Nacht durchwandert – dies ist das Reich des Totengottes Osiris. Zwei gewundene Kobras mit Atefkrone, dem Kopfschmuck des Gottes (Krone von Oberägypten mit seitlichen Straussenfedern) bewachen diesen Ort. Ihre Köpfe sind dem falkenköpfigen Re-Harachte, dem Sonnengott, auf dem Sargdeckel zugewandt, sie bewachen den gefahrvollen Übergang von Deckel zu Wanne vor dem Eindringen von unheilvollen Dämonen ins Sarginnere.
Kartonage: Die auf das äussere Grabtuch gehefteten, bemalten Kartonage-Elemente nehmen das Dekorationsmuster des Sargdeckels «en miniature» nochmals auf. Die drei noch vorhandenen Kartonagen sind im Gegensatz zum Sarg mit grosser Sorgfalt farbig ausgeschmückt worden. Die Kartonagen liegen als Ganzkörper-Amulett unmittelbar auf der Mumie.
Brust-Bauch und die Bein-Kartonage: Oberhalb des Halskragens mit den sonnenbekrönten Falkenkopfverschlüssen spannt ein Vogel mit Menschenkopf, der Ba – behelfsmässig mit «Seele» übersetzt -, seine Flügel über die Brust des Verstorbenen.
Unter dem Halskragen aus Blüten und Blättern kniet eine Himmelsgöttin, gekleidet in ein Perlennetz, wie es Göttinnen zu tragen pflegen. Sie trägt auf angewinkelten Armen in den Händen das Udjat-Auge, die Flügel beschützen zwei mumiengestaltige Wesen. Es folgen fünf Reihen von Göttern mit Straussenfedern bzw. Messern zwischen den Knien, dazwischen schiebt sich die bekannte Bahrenszene. In der Mitte der einander zugewandten Götter gewahrt man ein Schlaufenamulett, die Tit-Hieroglyphe.
Fusshülle: Die Füsse sind in eine Kartonagehülle gepackt, welche die nackten, braunen, mit Riemensandalen bekleideten Füsse zeigen. Die Zehennägel sind vergoldet. Der obere, abschliessende Rand der Hülle ist verloren: es handelt sich um Verzierungen mit kauernden Schutzgottheiten oder Amuletten. Die aufgemalten Sohlen sind mit einem rot-weiss-blauen Karomuster geschmückt, in Anlehnung an das Flechtmuster der Binsensandalen.
Mumifiziert, Textilverarbeitung, Holzbearbeitung, Bemalung.
Zusammenfassung nach: R. Siegmann, in: R. Siegmann – R. Fritschi, "... eine wertvolle Bereicherung". Sarg und Mumie eines Mannes aus Ägypten in der Archäologischen Sammlung der Universität Zürich, Sammlungskataloge 4 (Zürich 2014).
Zur Kontextualisierung in der Literatur: R. Siegmann – R. Fritschi, "... eine wertvolle Bereicherung". Sarg und Mumie eines Mannes aus Ägypten in der Archäologischen Sammlung der Universität Zürich, Sammlungskataloge 4 (Zürich 2014).
Mehr anzeigenWeniger anzeigen