Geflügelter, bärtiger Mann mit Hörnerkappe; in der erhobenen Rechten Koniferenzapfen, in der gesenkten Linken Situla. Zwei Dolche und ein Wetzstein am Körper befestigt. Am linken Rand Hälfte eines 'Heiligen Baums'. Auf Höhe der Hüfte Inschrift.
Schutzgottheit oder Genius (Apkallus) führt reinigendes Ritual aus.
Zugehörig zu Inv. 1910.
Auf diesen beiden einregistrigen Orthostaten ist je eine zweiflüglige, ansonsten gänzlich anthropomorphe Gestalt dargestellt, die eine nach rechts, die andere nach links gewandt. Beide sind durch ihre Kopfbedeckung (Hörnerkappe) als Gottheiten bestimmbar – funktional den Apkallus verwandt, aber von etwas höheren Status. Zwischen den beiden Schutzgöttern war der obligate «Baum» zu sehen, von dem auf dem linken Relief noch die Spitzen der Palmetten erhalten sind, auf dem andern die ganze rechte Hälfte des «Baumes». Unter- und Mittelteil der fehlenden linken Hälfte wurden 1974 von Janusz Meuskyński und Hazim Abdul Hamid in Nimrud noch in situ vorgefunden. Im Rücken des nach links gewandten Schutzgottes (Inv. 1911) schloss dann wiederum ein «Baum» an. Eine Hälfte davon mit den fehlenden Flügelenden der Zürcher Figur sollte heute ebenfalls noch in situ in Nimrud stehen. Die daran anschliessende Hälfte und die folgende Gruppe werden in Brooklyn aufbewahrt. Die Wände des Raumes L waren gesamthaft mit antithetischen Gruppen von Schutzgöttern und «Heiligen Baum» geschmückt; zwischen den einzelnen Gruppen stand jeweils – wie in Raum F und anderswo – ein weiterer «Baum», dem die Schutzgötter dann den Rücken zuwandten.
Die reinigende Handlung der Schutzgötter ist nicht ausschliesslich auf den «Baum» zu beziehen.
Die beiden Platten standen am ursprünglichen Aufstellungsort nebeneinander und bilden zusammen eine symmetrische Komposition. Abgesehen von Unterschieden, die sich aus der spiegelbildlichen Ausrichtung ergeben, sind hier die beiden Figuren in Ausstattung und Haltung sehr ähnlich.
Wegen der etwas grösseren Höhe der Platten aus Raum L wirken die Figuren im Vergleich zu anderen Darstellungen relativ schlank. Da es sich um einen der bedeutsamsten Räume im rituellen «Hochsicherheitstrakt» handelte, sind die Reliefs sehr genau gestaltet und bis ins kleinste Details sorgfältig ausgeführt worden: Die Muskeln sind weich modelliert, der Koniferenzapfen ist geschuppt und als solcher gut erkennbar dargestellt, der Schmuck ist detailreicher als anderswo, die Fransen verlaufen leicht wellenförmig, die Haartracht ist sehr genau wiedergegeben. Die kalottenförmige Mütze ist schraffiert, womit eine Umwicklung oder Verzierung angegeben ist. Am Hinterkopf (nur auf Inv. 1910 erhalten) sind am Mützenrand hinter dem Ohr zwei waagrechte Streifen angebracht, die als Nackenschutz gedient haben könnten. An den Sandalen ist die rote und schwarze Farbe noch sehr gut zu erkennen. Die Figuren tragen längliche Ohrringe aus Stegen, Plättchen und einem Kugelende und sind mit grossen halbmondförmigen Perlen zusammen, welche abwechselnd auf Schnüren aneinandergereiht sind. Die Oberarme schmücken schlichte, spiralförmige Armreifen mit einfachen, linearen Gravuren an den Enden. Um die Handgelenke schmiegen sich Armreifen, die aussen viergliedrig, innen aber nur zweigliedrig wiedergegeben sind und auf denen eine neun- bzw. achtblättrige Rosette sitzt. Die beiden Dolche und der Wetzstein, die in einem Futteral unter dem Gürtel stecken, gehören zur Standardausstattung von Apkallus und Schutzgöttern. Die konkaven Dolchgriffe sind mit Sparrenmustern verziert, die Griffe der Wetzsteine zu Kalbsköpfen geformt. Bei der nach links gerichteten Figur ist ein Detail zu beobachten, das bei nach rechts gerichteten Figuren nicht dargestellt werden konnte: Unterhalb des Gürtels schauen die Enden der Dolchschneiden hervor. Sie sind als zurückgewendete Raubvogelköpfe gestaltet, an deren Hälsen jeweils eine Quaste hängt.
Nach: E. Mango und C. Uehlinger, in: E. Mango – J. Marzahn – C. Uehlinger (Hrsg.), Könige am Tigris. Medien assyrischer Herrschaft. Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2008) 108–111 Kat. 4.
Zur Kontextualisierung in der Literatur: E. Mango und C. Uehlinger, in: E. Mango – J. Marzahn – C. Uehlinger (Hrsg.), Könige am Tigris. Medien assyrischer Herrschaft. Ausstellungskatalog Zürich (Zürich 2008) insb. 108–111 Kat. 4.
Zur Auflistung der Museen in welche sich Platten des Nordwestpalastes von Assurnasirpal II. befinden: http://oracc.museum.upenn.edu/nimrud/catalogues/museumsworldwide/index.html#nwp-nd-map
Mehr anzeigenWeniger anzeigen